Zur Information und zur Beachtung für die Abwicklung von Schadensangelegenheiten im Straßenverkehr

Vorbemerkungen

Bei einem Straßenverkehrsunfall, der ein Massenphänomen ist, kommt es zu teilweise erheblichen Fahrzeugschäden, insbesondere aber auch in vielen Fällen zu Personenschäden, die teilweise schwerste Verletzungen und damit erhebliche Folgen für Betroffene mit sich bringen.

Für Geschädigte ist es wichtig, nach einem Straßenverkehrsunfall richtig zu handeln, um den sich ergebenden Schadenersatz zu erlangen. Die von Versicherungen unter dem Stichwort „Schadenmanagement“ geförderte Praxis der unmittelbaren Regulierung mit dem Geschädigten oder in Kooperation mit Werkstätten oder sonstigen Dritten kann – verständlicherweise – mit Nachteilen verbunden sein in dem Sinne, dass die Versicherung als Schuldner der Entschädigung nicht alle Positionen ausgleicht. Es ist kaum anzunehmen, dass sie dem Geschädigten objektiv aufklärt über die ihm zustehenden Ansprüche. Hier gilt die Lebenserfahrung: „Der Schuldner zahlt sicherlich nicht mehr als von ihm gefordert“. Wer aber weiß ohne kompetente Beratung, welche Schadenersatzansprüche ihm tatsächlich zustehen? Es erscheint somit angezeigt, nach einem Straßenverkehrsunfall sich in jedem Fall kompetenter anwaltlicher Beratung und Vertretung zu bedienen. Hier ist auch darauf hinzuweisen, dass der Schädiger bzw. dessen Versicherung auch die Kosten der Rechtsverfolgung zu tragen hat und eine ggf. bestehende Rechtschutzversicherung das Kostenrisiko trägt.

Die nachfolgenden Hinweise sollen eine kurze Information geben zum Schadensersatzrecht bei einem Straßenverkehrsunfall.

I. Haftungsvoraussetzungen

Auch im Straßenverkehrsrecht gilt die sog. „Gefährdungshaftung“. Diese beinhaltet, dass der Schädiger zum Schadenersatz verpflichtet ist, sofern das Unfallereignis nicht zurückzuführen ist auf „höhere Gewalt“. Letztere liegt z. B. vor bei Naturereignissen.

Kommt bei einem Straßenverkehrsunfall eine Verantwortung auf Seiten eines anderen Fahrzeuges in Betracht, findet eine Abwägung hinsichtlich der Haftung statt.

Wichtig ist zu beachten, dass Kinder, die das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für den Schaden nicht verantwortlich sind; Kinder, die das siebente, aber noch nicht das zehnte Lebensjahr vollendet haben, sind bei einem Straßenverkehrsunfall nicht verantwortlich, es sei denn, sie handeln vorsätzlich.

Wird bei einem Unfallereignis ein Beifahrer bzw. Insasse verletzt, so stehen diesem ebenfalls Ansprüche gegen den Schädiger, also auch gegen die ggf. eigene Versicherung, zu. Diese Ansprüche können im Wege des sog. Direktanspruches gegen die beteiligte Haftpflichtversicherung geltend gemacht werden.

1. Fahrzeugschaden

Der am Fahrzeug entstehende Schaden ist ggf. durch Vorlage der Rechnung oder durch Sachverständigengutachten nachzuweisen. Übersteigen die Reparaturkosten den genannten Wiederbeschaffungswert, so kann Ersatz der Reparaturkosten beansprucht werden bis 130% des Wiederbeschaffungswertes. Bei einem Schaden an einem Neufahrzeug (das etwa weniger als 1000 km gelaufen hat), kommt Anspruch auf Ersatz eines Neuwagens in Betracht.

Zusätzliche Positionen zum Fahrzeugschaden sind etwa Kosten für Neuzulassung etc. Wichtig ist, dass die Mehrwertsteuer bei Reparaturkosten und auch bei der Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges nur erstattet wird, soweit diese nachgewiesen wird.

2. Abschleppkosten

Abschleppkosten sind zu ersetzen, soweit nachgewiesen und angemessen.

3. Sachverständigenkosten

Bei einem Schaden ab 800,00 EUR bis 1.000,00 EUR kann der Geschädigte einen Sachverständigen mit der Schadenfeststellung beauftragen.

4. Mietwagenkosten/Nutzungsausfall

4.1. Mietwagenkosten

Mietwagenkosten sind zu erstatten, wenn ein Mietfahrzeug in Anspruch genommen wird. Der Geschädigte ist aber aus dem Gesichtspunkt der sog. Schadensminderungspflicht gehalten, darauf zu achten, dass der sog. „Unfallersatztarif“ angemessen und nicht überhöht ist. Evtl. kommt die Einholung von Vergleichsangeboten in Betracht.

Aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht ist auch darauf zu achten, dass ein Mietwagen nur in Anspruch genommen wird bei entsprechender Nutzung. Wären z. B. die Kosten für ein Taxi niedriger als die Mietwagenkosten, kann hierin ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht liegen.

4.2. Nutzungsausfall

Nutzungsausfallsfall wird, wenn ein Mietwagen nicht in Anspruch genommen wird, erstattet für die angemessene Dauer der Reparatur. Die in Betracht kommende Höhe richtet sich nach den insoweit entwickelten Tabellen.

5. Sonstiger Sachschaden

Sonstiger nachweisbarer Sachschaden, etwa Kleiderschaden oder Verlust bzw. Beschädigung von Gegenständen, ist zu ersetzen.

6. Verdienstausfall und/oder Erwerbsschaden

6.1. Verdienstausfall

Verdienstausfall, soweit dieser neben der Entgeltfortzahlung anfällt, ist zu erstatten.

6.2. Ersatz von Entgeltfortzahlungen

Der Arbeitgeber hat wegen der Entgeltfortzahlung einen Anspruch auf Erstattung. Dieser Anspruch ist von ihm geltend zu machen.

6.3. Erwerbsschaden

Erwerbsschaden ist der Schaden, der sich ergibt durch die Beeinträchtigung der beruflichen Erwerbstätigkeit. Ein spezielles Problem ergibt sich, wenn Kinder und Jugendliche infolge unfallbedinger Verletzungen berufliche Nachteile haben, etwa verzögerter Eintritt in das Berufsleben. Diese Position ist zu berechnen anhand der Prognose der möglichen beruflichen Entwicklung.

7. Ersatz des „Haushaltsführungsschadens“

Der Haushaltsführungsschaden ergibt sich, wenn in Folge unfallbedingter Verletzungen eine Einschränkung der Tätigkeit im Haushalt auftritt. Dies kann sowohl in der Person des Verletzten selbst sein oder auch, wenn dieser gehindert ist eine Haushaltstätigkeit für andere auszuführen, speziell z. B. als Hausfrau/Hausmann und/oder Mutter etc.

8. Schmerzensgeld

Derjenige, der bei einem Straßenverkehrsunfall Verletzungen erleidet, hat einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Höhe wird bestimmt durch die Schwere der Verletzungen, Heilungsverlauf etc. Zur möglichen Höhe des Schmerzensgeldes sind sog. „Schmerzensgeldtabellen“ entwickelt worden.

9. Speziell: Ansprüche bei tödlichem Unfall

Bei tödlichem Unfall haben die Erben Anspruch auf Ersatz der Kosten für eine standesgemäße Beerdigung, ggf. auch Erstattung der Kosten für Trauerkleidung sowie Ersatz der Kosten für die Grabstelle/den Grabstein.

10. Pauschale Nebenkosten

Diese sind zu ersetzen in Höhe von regelmäßig 25,00 EUR, soweit nicht ein höherer Schaden konkret nachgewiesen und belegt wird.

11. Rechtslage speziell beim Arbeits- und Wegeunfall

Grundsätzlich scheiden bei einem Arbeits- und Wegeunfall Ansprüche gegen Arbeitskollegen und Arbeitgeber aus. Stattdessen kommen Ansprüche gegen soziale Leistungsträger, speziell die Berufsgenossenschaft, in Betracht. Die sich in diesem Zusammenhang ergebenden Fragen sind durch anwaltliche Beratung zu klären.

12. Die Kosten der Rechtsverfolgung

Diese Kosten sind ebenfalls als Schadenposition von der gegnerischen Haftpflichtversicherung für die durchsetzbaren Ansprüche zu ersetzen. Eine evtl. bestehende Rechtschutzversicherung trägt das Kostenrisiko.

II. Die mögliche Beteiligung der Kasko-Versicherung

Besteht eine Vollkaskoversicherung, so ist es möglich, zum Schadenausgleich – zunächst – die eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Ggf. sind entsprechend der Haftung des Gegners sich ergebende Prämiennachteile zu ersetzen.

Auch kommen Ansprüche gegen die Teilkaskoversicherung in Betracht, soweit Schäden gegeben sind, die in den Deckungsbereich der Teilkaskoversicherung fallen.

III. Ansprüche aus eigenen privaten Versicherungen

1. Verkehrsservice- und Mobilitätsversicherung

Bestehen private Versicherungen, etwa eine Verkehrs-Service- oder eine sog. Mobilitätsversicherung, so trägt diese ggf. Bergungs- und Abschleppkosten und auch sonstige Leistungen. Maßgebend sind die vereinbarten Versicherungsleistungen.

2. Ansprüche aus privaten Unfallversicherungen

Bei erlittenen Unfallfolgen kommen auch Ansprüche gegen die eigene Unfallversicherung in Betracht. Besteht eine private Krankenversicherung, kommt neben dem Ersatz der Heilbehandlungskosten, soweit vereinbart, auch ein Anspruch auf Tagegeld bzw. Krankenhaustagegeld in Betracht.

Zur Rechtslage bei der Verfolgung von Ansprüchen gegen die eigene Versicherung ist zu verweisen auf die entsprechende Mandanteninformation zum Thema „Versicherungsrecht“.

IV. Verteidigung bei einem Straf- und Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren

Von der Verfolgung der vorstehend dargestellten zivilrechtlichen Angelegenheit, also der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, ist zu unterscheiden das ggf. eingeleitete verkehrsrechtliche Straf- und OWi-Verfahren. Dieses wird durch die Polizei bei der Unfallaufnahme eingeleitet, insbesondere bei Verdacht einer Verkehrsstraftat, z. B. bei fahrlässiger Körperverletzung, oder einer Ordnungswidrigkeit. In einem solchen Fall ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts als Verteidiger geboten.

Im Übrigen wird hierzu verwiesen auf die Mandanteninformation zum Straf- und Owi-Verfahren.

Eine ggf. bestehende Rechtschutzversicherung erstattet die hierfür anfallende Anwaltsvergütung.

Im Übrigen wird verwiesen auf die entsprechende Information zum Thema „Rechtschutzversicherung“.

V. Strafantrag bei erlittenen Verletzungen

Bei Unfallverletzungen kommt unter Umständen gegenüber dem schuldigen Unfallgegner die Stellung eines Strafantrages und die Verfolgung der Angelegenheit als Nebenkläger in Betracht. Ob dies in Betracht kommt und ratsam ist, muss durch anwaltliche Beratung geklärt werden.





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